Autor Thema: Kopierschutz bei PC-Spiele  (Gelesen 3647 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

|TFP|Guinness

  • -=Private=-
  • *
  • Beiträge: 397
  • Karma: +5/-4
  • Geschlecht: Männlich
    • Profil anzeigen
    • Die geilste Suhle der Welt
Kopierschutz bei PC-Spiele
« am: Mittwoch, 22 Dezember 2004 | 13:35 »
gefunden bei www.spiegel.de

KOPIERSCHUTZ BEI PC-SPIELEN

Wo Kunden wie potenzielle Diebe behandelt werden

Von Michael Voregger

Da hat man mehrere Monate auf die Veröffentlichung des neuen Computerspiels gewartet und erlebt schon kurz nach dem Kauf den ersten Absturz. Immer mehr Spieler beklagen sich über Kopierschutzverfahren, die aktuelle Spiele unspielbar machen.

Die Installation des Spiels scheitert, wenn der Kopierschutz beim Anwender ein CD-Emulationsprogramm oder eine Kopiersoftware entdeckt. Harmlose Anwendungen wie das Kopierprogramm Nero sorgen bei den ehrlichen Käufern für einigen Ärger. Die Liste der widerwilligen Spiele wird dabei immer länger: Sims 2, Doom, Rome: Total War, Far Cry und NHL 2005 sind nur einige der neugierigen Produkte. Findet der Kopierschutz etwas Verdächtiges, dann erscheint ein entsprechender Hinweis: "Es wurde ein CD/DVD Emulationsprogramm entdeckt". Bei anderen Herstellern bleibt ein verunsicherter Spieler vor dem Monitor zurück, denn das Spiel stürzt einfach kommentarlos ab.

"Es gibt auf der Verpackung einen Hinweis auf den technischen Kopierschutz. Der Anwender muss unter Umständen einige Programme während des Spiels deaktivieren", sagt Martin Lorber, Pressesprecher bei Electronic Arts Deutschland. "Betroffen sind Emulationsprogramme oder Brennsoftware, die bereits auf dem Rechner installiert sind. Dabei handelt es sich in der Regel um legal erworbene Programme und Anwendungen".

Verantwortlich für die Schwierigkeiten ist das Kopierschutzverfahren Safedisk 3, dass der Verschlüsselungsspezialist Macrovision entwickelt hat. "Es liefert eine zuverlässige Verteidigung gegen unbefugte Vervielfältigung, die Emulation virtueller Laufwerke oder Codemanipulation, während es den Verbrauchern maximale Spielbarkeit bietet", heißt es auf der Homepage des amerikanischen Unternehmens aus Santa Clara. Das Original erhält eine digitale Signatur, die nicht auf andere Datenträger kopiert werden kann und ausführbare Dateien sind verschlüsselt. Der Kopierschutz verweigert den Start, wenn auf dem Rechner virtuelle CD-ROM-Laufwerke gefunden werden, wie sie zum Beispiel Alcohol 120%, CloneCD oder Nero Image Drive einrichten. Erst wenn solche Programme deinstalliert werden, kann das geschützte Spiel gestartet werden.

Hersteller auf Tauchstation

Viele Hersteller haben nach der Änderung des deutschen Urheberrechts die Kopierprogramme zeitweise vom Markt genommen oder sind mit ihrer Firmenadresse ins Ausland umgezogen. Ein allgemeines gesetzliches Verbot solcher Programme existiert zwar, Gerichtsurteile gibt es bisher aber noch nicht. Was auch daran liegen mag, dass sich die Unterhaltungsindustrie vor Grundsatzentscheidungen fürchtet, die ihren Interessen zuwiderlaufen.

Zwar ist die Umgehung des technischen Kopierschutzes bei audiovisuellen Medien inzwischen untersagt, aber das gilt nicht für Software. Bei Programmen und Computerspielen war das Anfertigen einer Privatkopie auch vorher schon verboten. Hier ist es lediglich erlaubt, eine Sicherungskopie für den Notfall zu erstellen. Die Hersteller von Kopiersoftware kehren allerdings langsam auf den Markt zurück und bieten ihre Programme wieder an. S.A.D aus Ulm hat mit GameJack 4 ein Programm entwickelt, das Lösungen gegen die Beschränkung durch Kopierschutztechniken verspricht. Die Software erstellt eine fehlerfreie Kopie des Originalspiels und legt sie auf der Festplatte ab. Damit sollen auch ausgefeilte Kopierschutzverfahren überlistet werden.

Foren im Netz versprechen Hilfe

"Es ist natürlich zulässig, Computerspiele mit einem Kopierschutz zu versehen, wenn die Installation auf Rechnern mit bestimmten Konfigurationen nicht läuft, dann liegt allerdings ein Mangel vor", erklärt Ronald Schäfer, Hauptgeschäftsführer des in Auflösung befindlichen Verbands der Unterhaltungssoftware Deutschland (VUD). "Es entsteht eine ähnliche Konstellation, wie bei Audio-CDs mit einem Kopierschutz, die bei bestimmten Abspielgeräten gestreikt haben".

Viele Spieler suchen bei Problemen Hilfe im Internet und in entsprechenden Foren. Dort werden auch so genannte NoCD-Cracks angeboten, die den Kopierschutz umgehen und die Spiele lauffähig machen. "Die Verbraucher sind verärgert, über den Effekt solcher Maßnahmen kann man geteilter Meinung sein", sagt Roland Schäfer. "So können Leute in Kontakt mit zweifelhaften Angeboten im Netz kommen, die nie an das Erstellen von Kopien gedacht haben".

Wer seine Kopierprogramme nicht deinstallieren möchte, der kann das Spiel in den Laden bringen und sein Geld zurückverlangen. "Wenn das Spiel wegen virtueller Laufwerke die Zusammenarbeit verweigert, dann ist entscheidend, was der Verkäufer beim Kauf zugesagt hat", sagt Rechtsanwalt Tobias H. Strömer. "Hat er nicht darauf hingewiesen, dann liegt ein Sachmangel vor".

"Die Hersteller müssen über andere Lösungen nachdenken"

Auf der Verpackung findet sich in der Regel nur der nichts sagende Hinweis auf "technische Schutzmaßnahmen" und es fehlt eine Beschreibung, unter welchen Konstellationen das Spiel nicht läuft. Verbraucherschützer sehen aber auch bei deutlichen Erklärungen einen Mangel des Produkts, und da der Sachmangel schon beim Kauf vorlag, könnte der Kunde das Spiel innerhalb der zweijährigen Gewährleistung zurückgeben. "Wenn eine Sperre das Spielen verhindert, dann handelt es sich um ein beschädigtes Produkt und es ist legitim das auszuhebeln", sagt Jürgen Schröder von der Verbraucherzentral Nordrhein Westfalen. "Die Hersteller müssen über andere Lösungen nachdenken, denn es kann ja nicht sein, dass die technischen Probleme auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen werden".

Ehrliche Käufer müssen also auf bestimmte Spiele verzichten, ihren Rechner aufräumen oder sich Software aus dem Netz besorgen, wenn sie ihrem Spieltrieb nachgehen wollen. "Aus unserer Sicht stellt sich das Problem als Einzelfall dar", erklärt Martin Lorber von Electronic Arts. "Wir haben von dem Spiel Sims 2 an die 500.000 Exemplare verkauft und die Anfragen zu solchen Problemen halten sich in Grenzen".

Statt den Kunden mit mehr Zusatznutzen zu überzeugen, wird ihm das Spielen unnötig schwer gemacht. Käufer von Half Life 2 müssen sich zum Beispiel in einem aufwendigen Verfahren online beim Hersteller anmelden, sonst bleibt der Bildschirm schwarz. Dieser Zugang ist nötig, um das Spiel frei zu schalten und online spielen zu können. Hat der Spieler alle Hindernisse überwunden, muss er leider feststellen, dass man beim Entwickler Valve auf eine Spielanleitung verzichtet hat. Im Inneren der Box findet sich nur ein lappiger Zettel mit den nötigsten Tastenkombinationen. Der Kunde ist im Computerreich schon lange kein König mehr.